Was mich glücklich macht.

Was mich glücklich macht.

Weißt du, was mich so richtig glücklich macht? Ich liebe es durch die Berge zu wandern, wenn die Sonne scheint und es in den Wäldern so herrlich nach Erde riecht. Die endlose Weite der Aussichten in die Täler, die man mit seiner eigenen Muskelkraft durchquert hat, ist einfach unbeschreiblich.
Ich liebe es auch im Frühjahr die ersten Samen auf der Fensterbank auszusäen und das frische Grün der Jungpflanzen zu sehen. Im Frühsommer geht es dann auch für die zarten Pflanzen raus in den Garten, damit sie dort im Sonnenlicht und der frischen Luft immer größer werden können. So oft es mir möglich ist, schaue ich dann nach ihnen und gebe ihnen das, was sie brauchen.
In den Bergen wandern und im Garten sein, macht mich sehr glücklich. Als ich das das erste Mal wirklich gespürt habe, war ich zuerst sehr glücklich und dann traurig. In dem Moment, als ich mich an die Situationen erinnert habe, wie es bei dieser ganz besonderen Wanderung war oder wie es im letzten Sommer im Garten war, hat mich das sehr glücklich gemacht. Die Traurigkeit kam dann mit der Erkenntnis, dass das nur eine Erinnerung ist. Und damit gehört eben genau diese Erfahrung der Vergangenheit an. Sie ist vorbei und nicht mehr zu wiederholen, denn diesen Moment, wie er damals auf dem Weg zur Lamsenjochhütte war, wird es nicht noch einmal geben.
Ein weiterer Grund für meine Traurigkeit war in der Erkenntnis begründet, dass ich eben in Berlin lebe und die Berge – damals noch – acht Stunden mit dem Zug entfernt waren. Und diese Momente im Garten, sind ist auch nur im Sommer möglich. So ist das Leben eben. Das Leben ist kein Wunschkonzert – und ein Ponyhof schon gar nicht.

Zum Glück fiel mir in dem Moment der Begriff Resilienz ein. Resilienz ist die seelische Widerstandskraft. Sie hilft uns dabei, stabil zu bleiben, wenn es schwierig wird. Eine stark ausgeprägte Resilienz hilft uns dabei, die Wellen des Lebens zu reiten – auch wenn es anspruchsvoll wird. Zu den Resilienzfaktoren gehört die Handlungsorientierung. Damit wird die Eigenschaft beschrieben, aktiv zu werden und zu handeln – statt den Kopf in den Sand zu stecken und zu jammern. Wenn also eine Situation als unangenehm empfunden wird, dann bemerken resiliente Menschen, welche Gefühle in ihnen vorgehen und finden einen angemessenen Umgang damit. Und dann werden sie aktiv und suchen nach einer Lösung.

Unendliche Höhenmeter zu machen, Aussichten zu genießen und wildromantische Schluchten zu durchqueren, ist einfach wundervoll. Aber wenn ich es nur einmal im Jahr machen kann, weil der Weg von meinem Wohnort einfach zu weit ist, dann ist das einfach zu wenig. Also musste eine Lösung her.
Wenn du mich schon eine Weile kennst und in diesem Blog schon ein paar Mal gelesen hast oder den Podcast gehört hast, dann weißt du, dass ich in diesem Jahr den 66-Seen-Weg abgeschlossen habe. Der 66-Seen-Weg ist das Ergebnis dieses Prozesses. Am Anfang stand die Traurigkeit und die Enttäuschung über die Unmöglichkeit diese Glücksmomente häufiger zu erleben – und am Ende stand der 3.6.2018 als der Tag im Kalender, an dem ich den 66-Seen-Weg beendet habe. Mit seinen 21 Tagesetappen führt dieser Fernwanderweg einmal rund um Berlin – Start und Ziel war Potsdam. Das Bild, was du oben auf der Webseite siehst, habe ich auf diesem Weg gemacht.
Dieser Weg war nicht nur ein Wanderweg für mich, sondern steht auch als Symbol für Resilienz. Statt zu verzweifeln und zu bedauern, dass ich nicht am Eibsee wohne oder mit der Bayerischen Oberlandbahn in die Alpen fahren kann, habe ich einen Weg gefunden, um in meinem Alltag das zu leben, was mir wichtig ist – und mich glücklich macht.
Sicherlich hat ein Wanderweg durch Brandenburg nicht diese Höhenmeter und auch nicht die weiten Täler, die ich noch immer reizvoll finde. Statt aber darüber zu klagen, was es alles nicht gab, schaue ich lieber auf die Dinge, die der Weg mir geschenkt hat: Endlose Wälder, wundervolle Seen, schaurige Insekten, interessante Begegnungen, bereichernde Gespräche, genussvolle Pausen…

Die Sache mit dem Garten hört sich da schon etwas schwieriger an. Tatsächlich ist es ja so, dass die Gartenarbeit nunmal in den Sommer fällt. Pflanzen sind auf das Licht der Sonne angewiesen, um gesund zu wachsen. Der Rhythmus der Natur mit seiner Ruhezeit im Winter, scheint wohl auch sehr sinnvoll zu sein, denn sonst hätte er sich nicht so lange gehalten.
Auch hier habe ich eine Lösung gefunden, um auch in der dunklen Jahreszeit einen Weg zu finden, das zu machen, was mich glücklich macht.
Ich habe das Indoor-Gärtnern für mich entdeckt. In den letzten Jahren habe ich verschiedene Varianten und Konzepte ausprobiert und bin immer wieder an der ein oder anderen Stelle gescheitert. Nun scheint es so, als wäre Licht am Ende des Tunnels sichtbar. Das ist hier auch ganz wörtlich gemeint, denn ich habe mir zwei Pflanzenlampen gekauft. Diese ersetzen nun temporär das fehlende, natürliche Sonnenlicht. Beim Kauf habe ich mich für ein energiesparendes LED-System entschieden.
Nun kann ich jeden Tag auch im Winter an der Fensterbank stehen und meine Pflanzen beim Wachsen beobachten. Durch das Licht geht es wirklich unglaublich schnell – viel schneller als vor dem Einsatz der Pflanzlampe. Nun wachsen direkt in der Küche meine kleinen, grünen Lieblinge und machen jedes Essen noch vitaminreicher.
Natürlich ist es etwas anderes auf der Fensterbank zu gärtnern, als wenn ich im Sommer mit Gartenschuhen im Beet stehe und das Unkraut aus den Reihen nehme. Hier auf der Fensterbank ist alles viel kleiner und so kann ich den Pflanzen auch meine volle Aufmerksamkeit geben. Tomaten, Zucchini und Chilis werde ich erst im Sommer wieder haben. Aber Kräuter, Salat, Spinat und frisches Zwiebellauch kann ich so auch im Winter ernten.

Das sind nur zwei Projekte aus meinem Leben, die ein Symbol dafür sind, dass fast alles möglich ist. Manchmal reicht es, wenn man sich nur ein klitzekleines Stück von seinen eigenen Vorstellungen löst – und schon kann sich eine neue Lösung entwickeln. Manchmal sind die Grenzen, die sich für uns so real anfühlen, nur in unserem Kopf.

Und jetzt bist du an der Reihe: Was macht dich glücklich? Welche Vorstellung müsstest du nur ein wenig zur Seite schieben, um dir diesen Glücksmoment noch öfter ermöglichen zu können?

Berlin, 24. Dezember 2018